Kämpfe in (ehemaligen) Staatsbetrieben


[Beitrag aus der Beilage Unruhen in China, wildcat #80, Dezember 2007, zu Kämpfen städtischer ArbeiterInnen (工人 gongren); er illustriert den Artikel Die unglückliche Arbeitergeneration – Lage und Proteste der städtischen ArbeiterInnen und Arbeitslosen]

Textilfabrik:
Ab Mitte September 2004 streikten in Xianyang tausende TextilarbeiterInnen (die meisten davon Frauen) 7 Wochen lang und blockierten ihre Fabrik. Obwohl die ehemalig staatseigene Baumwollfabrik vor Jahren in Belegschaftseigentum übergegangen war und alle ArbeiterInnen Anteile kaufen mussten, war sie an ein Unternehmen aus Hongkong verkauft worden. Dieses verlangte, dass die ArbeiterInnen gegen eine kleine Abfindung einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, und wollte sie hinterher als Neueingestellte behandeln, mit Probezeit, befristeten Arbeitsverträgen und niedrigerem Lohn. Die Streikenden bestimmten keine Sprecher, um zu verhindern, dass die Behörden Rädelsführer ausmachen können. Deshalb fanden die Behörden niemanden, mit dem sie
verhandeln konnten. Der Streik endete, als sich die Geschäftsführung bereit erklärte, auf die Probezeit zu verzichten und die Befristungszeiten zu verlängern. 20 festgenommene Streikende wurden nach Monaten alle ohne Anklage freigelassen.

Stahlwerk:
Im August und Oktober 2005 protestierten entlassene Arbeiter des Stahlwerkes in Chongqing einige Wochen lang. Das Werk hatte im Juli den Bankrott erklärt. Die Arbeiter machten das korrupte Management für die Pleite verantwortlich und forderten eine bescheidene Abfindung. Als die Arbeiter einen Sit-in vor dem Rathaus machten, griffen einige Männer die anwesende Polizei an – vermutlich eine von der Polizei arrangierte Provokation. Bei der anschließenden Auseinandersetzung kamen zwei Frauen ums Leben.

Militärfabrik:
Im Januar 2006 lieferten sich in Chengdu drei Tage lang Arbeiter einer Militärfabrik Kämpfe mit der Polizei. Die Fabrik war pleite und sollte weit unter Wert verkauft werden. Den ArbeiterInnen wurden die versprochenen Abfindungen nicht bezahlt. Deshalb besetzten sie die Fabrik und nahmen den Geschäftsführer fest. Als Militärpolizisten versuchten, den Manager zu befreien, kam es zu Auseinandersetzungen, bei denen es Verletzte gab.

Verkehrsbetrieb:
Seit 2001 versuchte die Stadtverwaltung von Qingyang die städtischen Verkehrbetriebe zu privatisieren, aber die betriebliche Arbeitervertretung verweigerte dies fünf Mal. Im September 2006 wurde die Firma an ein Privatunternehmen verkauft, nachdem der Arbeiterrat von der Stadtverwaltung zwangsaufgelöst worden war. Die Stadtverwaltung nötigte 1448 ArbeiterInnen einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Es war eine Abfindung von etwa achtzig Euro pro Jahr der Betriebszugehörigkeit vorgesehen. Aber einige ArbeiterInnen bekamen das Geld nicht, da auf dem Firmenkonto nicht genug drauf war. Daraufhin gingen sie zu dem zuständigen Gremium und verlangten eine Lösung in zwei Tagen. Als sie keine Antwort bekamen, belagerten sie die Firmenverwaltung und hinderten das Management am Verlassen des Gebäudes, bis Polizisten die Geiselnahmen beendeten. Ab Januar 2007 gab es vor diesem Verwaltungsgebäude ständige Proteste, die erst im August 2007 von hundert Riotpolizisten aufgelöst wurden.

Bank:
Seit Jahren kommt es immer wieder zu Protestkundgebungen hunderter ehemaliger Angestellter der Industrie- und Handelsbank Chinas (ICBC). Als die ICBC privatisiert wurde, waren hunderttausend Angestellte mit geringen Einmalabfindungen und ohne Renten- oder Krankenversicherung entlassen worden. Die Bank sagt, sie hätten freiwillig auf den Job verzichtet und deshalb keinen Anspruch auf volle gesetzliche Abfindung. Die Demonstrationen finden meist in Beijing statt, besonders vor der Hauptverwaltung der Bank und vor der Gewerkschaftszentrale. Es kommen auch Betroffene aus anderen Städten, obgleich die Polizei sehr bemüht ist, diese abzufangen.

Kohlemine:
Im August 2007 traten Arbeiter des Tanjiashan-Kohlebergwerks gegen Entlassungspläne und geringe Abfindungen in den Streik, auch weil sie entdeckt hatten, dass das Management sich Gelder angeeignet hatte, die von der Regierung als Teil des Privatisierungsplans für Abfindungen zur Verfügung gestellt worden waren. Das Management ließ den Streik von zweihundert extra angeheuerten Sicherheitskräften niederschlagen.

[von www.umwaelzung.de]

 

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